Wie die Blockchain neue Prozesse ermöglichen und das Recycling verbessern wird.
Die Einführung eines Verpackungsregisters mit zentraler Datenbank ist sicher eine gute Idee. Denn es geht darum, die Produktverantwortlichen und Akteure der haushaltsnahen Entsorgung besser und transparenter zu organisieren und im Ergebnis auch das Recycling zu verbessern. Doch bereits heute ist absehbar, dass dies nur eine Lösung auf Zeit sein wird. Binnen weniger Jahre wird die Industrie 4.0 auch die Recyclingwirtschaft und insbesondere auch die Verpackungsentsorgung erreichen. Möglich wird dies durch den Einsatz von Blockchain-Technologien. Zentrale Datenbanken werden dabei durch dezentrale Systeme ersetzt. Smart Contracts ermöglichen schon heute den Austausch von Daten und Zahlungen ohne dass es dazu noch der heutigen Intermediäre bedarf.
Branche vor disruptiven Veränderungen
Meine These: Innerhalb weniger Jahre werden Verpackungen individuell (eineindeutig) gekennzeichnet sein und im Recyclingprozess nach ihrer Vereinzelung individuell ausgelesen werden können. Vorreiter bei der Kennzeichnung werden Unternehmen sein, die ein besonderes Interesse daran haben, dass ihre Produkte und Verpackungen nicht gefälscht werden. Die neue Arzneimittelverordnung hat bereits zu Blockchain-basierten Kennzeichnungen bei Pharma-Herstellern geführt. Die, in der Kennzeichnung enthaltenen Produktinformationen um Recycling-Informationen zu ergänzen liegt nahe und ist technisch problemlos machbar. Der für die Entsorgung stehende Aufwand ließe sich auf Basis dieser Informationen aufwandsgerecht und bis auf das Gramm genau mit den Sortieranlagen abrechnen.
Schöne neue Recycling-Welt, doch wie soll das gehen? Um das verstehen zu können muss man sich mit der Blockchain-Technologie befassen.
Wichtigste Blockchain Technologie – die Kryptographie
Durch die Blockchain bekommt in der Zukunft alles eine digitale Identität, ohne dass es dazu einer zentralen Verwaltung oder Organisation bedarf. Jeder Bürger, jedes Unternehmen kann für sich und für alle seine Schriftstücke, Produkte oder Verpackungen eine eindeutige ID vergeben. Der Schlüssel dazu ist die Kryptographie. Dabei wird eine Zahl durch hundert maliges würfeln erzeugt, die aufgrund ihrer Größe ausreichend ist, sämtliche Atome im Weltall mit einer eindeutigen Nummer zu versehen. Das Erraten oder Errechnen dieser Nummer ist unmöglich, das Durchprobieren würde Millionen Jahre an Rechnerleistung benötigen, denn – die nach dem Zufallsprinzip ermittelte Zahl hat im Sechser-Würfel-System eine Größe von 6100. Dieses Würfelbild wird in einer mathematischen Einwegfunktion in eine Zahl des Dezimalsystems umgerechnet. Ausgeschrieben sähe eine solche Zahl dann beispielsweise so aus:
123.823.845.888.826.278.595.232.
810.003.041.456.292.901.261.280.
329.748.465.398.509.236.209.860.
298.602.
oder 1.238 x 1077
Die Rückrechnung der Blockchain-ID auf das Würfelergebnis ist nicht möglich. Als Sicherheit ist alleine die Größe der Zahl völlig ausreichend.
Mit dieser – im Grunde sehr einfachen – Technik kann die Blockchain-ID eines jeden Menschen, die jeder Maschine, die jedes Autos, jeder Batterie, jedes Gepäckstückes und auch die, jeder Verpackung gewürfelt werden. Spezielle Apps ersetzen dabei schon heute den Spielewürfel durch einen Zufallsgenerator.
Ausgedrückt wir die generierte Blockchain-ID dann in einem individuellen QR-Code, der im Produktionsprozess auf jede Verpackung aufgedruckt wird. Dabei sind im Produktionsprozess bereits heute Geschwindigkeiten von annähernd 30.000 Stück je Stunde möglich. Die so aufgebrachte Information wird im Recyclingprozess maschinell ausgelesen. Der QR-Code enthält neben der Hersteller-Identifizierung die Blockchain-ID der Verpackung mit weiteren Informationen zur Materialspezifikation, die für den Recyclingprozess wichtig sind. Ganz ähnlich so, wie das seit Jahren zuverlässig in Pfandautomaten erfolgt. Diese erkennen bei Einweg-Getränkeverpackungen den aufgebrachten Barcode und sortieren auf Basis der darin enthaltenen Information nach den unterschiedlichen Materialien und bilden die Basis für ein komplexes Pfand-Clearing.
Einfluss der Blockchain auf die Sortiertechnologie
Die Möglichkeiten der Blockchain werden somit zwangsläufig auch Einfluss auf die Sortiertechnologie nehmen und die Sortiertiefe erheblich verbessern. Das dürfte insbesondere für die Kunststoffindustrie von Interesse sein, denn Kunststoffe lassen sich am besten recyceln wenn sie sortenrein vorliegen. Die Blockchain wird es ermöglichen, einzelne Verpackungen zu erkennen und entsprechend der in der Kennzeichnung hinterlegten Materialspezifikation zu sortierten. Das wird neue Akteure auf den Plan rufen, die den etablierten Anbietern Marktanteile streitig machen werden. Der Erfolg liegt zukünftig in der Vereinzelung von Verpackungen und in der verbesserten Lesegeschwindigkeit der optischen Systeme, die in der Lage sein werden, die Blockchain-ID für das Recycling schnell und zuverlässig auszulesen. Die nachfolgende Robotik und Mechanik wird zweitrangig und austauschbar. Der nicht vereinzelbare oder lesbare Sortierrest wird dabei konventionell nach Stand der Technik verarbeitet.
Naheliegende Anwendung – Blockchain-Pfand
Clover arbeitet mit seinem Partner, der international renommierten Cryptotec AG, an einer Blockchain-Pfandlösung für Einweg-Getränkeverpackungen für internationale Märkte. Das kommt gerade recht, denn die EU will, dass bis 2025 fast alle dieser Verpackungen recycelt werden. Brüssel liefert somit (einmal mehr) den wichtigen Impuls für regionale und auch grenzübergreifende Blockchain-Lösungen, die es ermöglichen, Getränkeverpackungen zerstörungsfrei zu entwerten. Neben geringeren Kosten und höherer Sicherheit ist das wesentlich, denn der Aufbau einer teuren Rücknahmeautomaten-Infrastruktur, mit der Pfand-Gegner gerne argumentieren, entfällt als Markteintrittsbarriere. Zwar werden Automaten auch weiterhin ihre Berechtigung haben, zur Entwertung genügt im Blockchain-System zukünftig jedoch eine App auf dem Samrtphone des Rücknehmers.
Ein Blockchain Pfand-System kann, insbesondere auch in den Ländern, in denen die Trinkwasserversorgung fast ausschließlich über Einweggebinde funktioniert helfen, die resultierenden Umweltproblemen zu bekämpfen und neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen.
Mehr auch dazu auf dem 1. Kölner Verpackungstag am 12. September in Köln.